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Tupac Amaru Shakur - Presse über ihn
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"R
U Still Down": Nun verwaltet
die Mutter!
Man hört zwei akustische
Gitarren, ein Hauch von
Country- Idylle am Lagerfeuer
- bis Tupac Shakurs Stimme
in die Idylle platzt.
In "Redemption", dem ersten
Lied des ersten posthum
veröffentlichten Albums
des 1996 ermordeten Rappers,
wird wüst gefeiert. Und
dann wird ab "Open Fire"
eine Breitseite auf das
Establisment abgefeuert,
auf Rassismus und scheinheilige
Political Correctness.
Tupac Shakur wurde am
13. September vergangenen
Jahres ermordet, auf der
Höhe seines Erfolgs, der
ihn aus dem Elend des
Ghettos herausgeholt hatte.
Nach dem Boxkampf zwischen
Mike Tyson und Bruce Seldon
in Los Angeles stand plötzlich
an einer Ampel ein weißer
Cadillac neben seinem
Auto. Schüsse fielen,
die ihn tödlich verletzten.
Der Mordfall ist ungelöst.
Tupac hat offensichtlich
viel unveröffentlichtes
Material hinterlassen.
Herausgebracht wird es
auf dem Jive-Label, unter
anderem von seiner Mutter
Afeni Shakur, die im Booklet
noch viele weitere Projekte
ankündigt. Damit scheint
der ehemaligen Black-Panther-Aktivistin
auf Anhieb gelungen zu
sein, was die Familie
von Jimi Hendrix erst
nach jahrelangem Rechtsstreit
erreichte: Die komplette
Kontrolle über den künstlerischen
Nachlass. Musikalisch
war Tupac auf dem Weg,
andere Stilrichtungen
in seinen Rap einzubauen.
"R U Still Down" bietet
etliche Beispiele für
das Aufgreifen rauherer
Folk- und Bluestraditionen.
Doch der Rapper, der wie
kaum ein anderer Kollege
politisch agitieren konnte,
blieb natürlich seinem
milieu treu: Klangcollagen
von Schlägereien, Schüssen,
MP-Salven, die Verarbeitung
von Mobiliär zu Kleinholz.
Das gehört zu den Liedern
wie ein pumpender Bass
und ein Schlagzeuger,
der wie ein Boxer den
Takt schlägt.
Tupac, und wie er die
Welt sah: Die weit auseinanderklaffende
Schere zwischen Arm und
Reich ist die Wurzel aller
Gewalt, sie bringt die
schwarzen "Thugs" (Schurken)
hervor, die weißen Establishment
als Abschaum, Versager
und Verlierer abgetan
werden. "R U Still Down"
leistet in der Mischung
aus kühler, mitleidloser
Beobachtung und wütender
Energie all das, was die
meisten Rapper heute nicht
mehr schaffen: eine ästhetische
Selbstständigkeit der
Ghetto People. Wo andere
sich industriell absorbieren
ließen,bleibt Tupac der
"Thug" mit dem aggressiven
Polit-Rap, einer, der
auf seine Art herausschreibt,
was letztlich eine Binsenwahrheit
ist: Ohne soziale Gerechtigkeit
gibt es keinen sozialen
Frieden.
[Erschien in 'Kölner
Stadtanzeiger' am
13. Dezember 1997]
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