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Tupac Amaru Shakur - Presse über ihn
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HipHop
Szene verfeindet!
Am 13. September erlag der
amerikanische Rapper Tupac
Shakur, bekannt als 2Pac,
seinen Schussverletzungen.
Eine Woche zuvor war er in
Las Vegas in ein drive-by
shooting geraten, eine Schießerei
im Vorbeifahren. Er kam vom
Boxkampf Mike Tyson gegen
Bruce Seldon, Unbekannte nahmen
seine Limousine auf dem Las
Vegas Strip unter Feuer.
Shakur war einer der erfolgreichsten
Rapper. Sein fünftes und letztes
Album "All Eyez On Me" verkaufte
sich mehrere Millionen Male
und schaffte den Sprung von
Null auf Platz eins der amerikanischen
Hitparade. Der 25-jährige
profilierte sich in Filmen
wie "Juice", "Poetice Justice"
und "Above The Rim" auch als
Schauspieler.
Tupac war kahlgeschoren und
tätowiert. Rap bedeutete ihm
Härte. Er galt als unberechenbar
und angriffslustig. Seine
Wutausbrüche richteten sich
gegen die rassistische US-Gesellschaft,
gegen seine neidischen Rap-Konkurrenten
und auch gegen sich selbst:
"Ich habe zwei Nigger in mir",
sagte er einmal.
Shakur wurde der Vergewaltigung
an einer ehemaligen Geliebten
für schuldig befunden. Dafür
wanderte er ins Gefängnis
und kam erst wieder frei,
als Plattenboss Suge Knight
für ihn die Kaution bezahlte.
Zum Dank veröffentlichte Shakur
"All Eyez On Me" auf auf Knights
Plattenlabel "Death Row Records".
Das Label verdient seit über
drei Jahren etliche Millionen
Dollar mit umstrittenen Rap-Stars
wie Snoop Doggy Dogg oder
Dr.Dre und gilt als Hochburg
des Gangsta-Raps. In unzähligen
"Death Row Records"-Songs
wird das Leben von Gangstern,
Drogendealern und Gangmitgliedern
beschrieben und glorifiziert.
Auch Suge Knight, dem Verbindungen
zur Unterwelt nachgesagt werden,
wurde bei dem Überfall auf
dem Las Vegas Strip verletzt.
In den US-Medien wird jetzt
spekuliert, da es sich um
einen Anschlag einer verfeindeten
Rap-Plattenfirma handeln könnte.
"Death Row Records" aus Los
Angeles liegt nämlich im Clinch
mit "Bad Boy Records" aus
New York.
Als Tupac Shakur im November
1994 in New York schon einmal
von mehreren Kugeln getroffen
wurde, beschuldigte er den
"Bad Boy"-Betreiber Sean "Puffy"
Combs und dessen Rap-Star
Biggie als Auftraggeber des
Attentats. Im September 1995
wurde ein Freund von "Death
Row"-Boss Knight in Atlanta
erschossen. Auch Knight bezichtigte
"Bad Boy Records" der Tat.
Beide Lagerdrehten Videos,
in denen Doppelgänger der
gegnerischen Seite lächerlichgemacht
oder misshandelt wurde. Und
Tupac Shakur behauptete in
einem Interview, mit der Ehefrau
von Biggie ein Verhältnis
zu haben.Die Fehde zwischen
"Death Row" und "Bad Boy"
hat ihren Ursprung in einer
alten Rivalität zwischen den
Rap-Szenen der West- und Ostküste.
An der Ostküste klingten die
Rap-Songs spröde und experimentell,
wie dunkle Dokumentationen
des Großstadtlebens. Kalifornische
Rapper hingegen baden gerne
in wohligen Harmonien und
modernisieren alte Funk-Melodien
mit extra fetten Bässen und
Obszönitäten. In New York,
der Geburtsstätte des Raps
und der HipHop-Kultur, gibt
es seit jeher starke Vorbehalte
gegen die musikalische Glorifizierung
des Gangstertums.In Los Angeles
dagegen sind die Rapper pragmatisch:
Sex und Gewalt verkaufen sich
nun einmal gut.
Die meisten Fans von Tupac
Shakur und anderen Gangsta-Rappern
sind weibliche Jugendlichen
aus ruhigen amerikanischen
Vorstädten. Sie kennen die
Ghettos und drive-by shootings
nur aus dem Fernsehen und
goutieren Rap-Songs als musikalische
Cowboy- und Indianerspiele.
Da die auch Todesopfer fordern,
macht das Genre für diese
Kategorie von Fans vermutlich
noch attraktiver. Den afroamerikanischen
Rap-Fans in den Ghettos, die
täglich Gewalt und Gegengewalt
erleben, ist der Spass an
solchen Machtspielen längst
vergangen. Ob der Tod von
Tupac Shakur die desperaten,
schiesswütigen Machos in den
Ghettos zur Besinnung bringt?
Der Rap-Millionär Dr.Dre bezweifelt
es: "Schon bald wird es nicht
mehr möglich sein, dass Nigger
von der Ostküste an die Westküste
kommen und sicher sind. Und
vive versa."
[Erschien in 'Die Zeit'
1996]
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